4 Die mittelalterliche Wasserversorgung der Nürnberger Burgen
Die spätestens für das 10. Jhd. anzusetzende Gründung der ersten Nürnberger Burganlagen erfolgte wohl ausschließlich aus geostrategischen Gründen. Ausschlaggebend hierfür war die Lage des aus der relativ ebenen Landschaft unvermittelt rund 60 m hoch aufragenden und steil zum Pegnitztal abfallenden Sandsteinfelsen im E Grenzgebiet des ostfränkischen Reiches.
Abgesehen vom militärischen Nutzen des Felsenberges war die Lage weder für eine Befestigung noch für eine größere Ansiedlung sonderlich geeignet. Auf den beiden Fluss-Seiten reichte der Urwald nahe an das Steilufer der S und an die sumpfige Niederung der N Pegnitzseite. Die für Höhenburgen als typisch auftretenden Probleme bei der Bereitstellung und Versorgung mit Grundnahrungsmitteln waren bei den frühen Nürnberger Burgen signifikant verwirklicht: Trotz ihrer eindrucksvollen Kulisse waren diese Befestigungsbauten im Verteidigungsfall ohne eine ausreichende Wasserversorgung völlig nutzlos.
Als wahrscheinlich älteste, heute noch nachweisbare Wassergewinnung wurde auf dem Nürnberger Burgberg das Rudiment einer Zisterne gefunden; eine derartige Anlage stellt die Urform der Wasserversorgung einer Höhenburg dar. FRIEDEL (2007) konnte unter dem Palas der Kaiserburg eine in den anstehenden Fels eingetiefteRinne sowie eine halbrunden Vertiefung freilegen: Dieser Zisternenboden war überdeckt durch mit Mörtel- und Holzkohlestückchen vermischte Kulturschichten des 10. Jhd., die den anstehenden Sandsteinschichten großflächig aufliegen. Die denkbar einfachste Art der ältesten Wasserversorgung unterstreicht möglicherweise die von MERIAN (1656) überlieferte Charakterisierung der ersten Nürnberger Burg als schlechtes Castell.
Im Zuge der jüngeren Bauphasen der Nürnberger Burgen wurde die Wasserversorgung durch mindestens eine natürlich austretende Quelle und durch zwei Brunnen gesichert; diese sind:
- die in einer Brunnenkammer gefasste Margarethenquelle;
- der Ziehbrunnen der Burggrafenburg und
- der Tiefe Brunnen der Kaiserburg.
Geologisch/hydrologisch gesehen wird der Sandsteinkeuper des Nürnberger Burgberges von den Sandsteinen, Tone und Letten der Lehrbergschichten im Untergrund, vom (an den Pegnitzhängen ausstreichenden) Blasensandstein, vom Coburger Sandstein sowie vom Unteren und Mittleren Burgsandstein aufgebaut. Das Auffinden der wasserführenden Schichten wurde im Nürnberger Burgberg dadurch erleichtert, dass die hier anstehenden Sandsteinhorizonte in verschiedenen Niveaus von Lettenlagen durchzogen werden. Diese wirken als Aquicluden und bedingen, dass in dem hoch aufragenden Bergstock mindestens vier einzelne (hiervon drei schwebende) Grundwasserhorizonte auftreten (BAIER 1998). Die schwebenden Grundwässer speisen neben der nur wenige Meter unterhalb des Bergplateaus ausrinnenden Margarethenquelle vor allem am S Hang des Burgbergs eine Anzahl von Quellen, welche in der Frühzeit Nürnbergs eine einfache und qualitativ einwandfreie Wasserversorgung für die Burg und Häuser der Söldner, Handwerker und Bürger gestatteten: Dieser Haupt-Quellgürtel liegt über dem Basisletten des Mittleren Burgsandsteins auf einem Niveau von rund 335 m NN und somit in der Höhe und im Verlauf der Oberen Schmidgasse.
Im Bereich des Burgbergplateaus rinnt aus dem obersten Aquifer des oberen Mittleren Burgsandsteins der nur gering schüttende Margarethenbrunnen der Kaiserburg; dieser dürfte zu den ältesten Wassergewinnungsstellen der Burg zählen. Sein ursprünglich am Berghang frei auslaufender Quelltopf wurde später beim Bau der Sandsteinmauer des vom Himmelstor zur Kaiserburg hinaufführenden Burgweges gefasst und über ein kleines Mauergewölbe zugänglich gehalten. Der heute durch ein massives Eisengitter verschlossene Eingang zur Quellkammer des Margarethenbrunnen befindet sich rund 20 m SE des Tiefen Brunnens; das dahinter anschließende, SSW-NNE verlaufende Felsengewölbe ist im anstehenden Mittleren Burgsandstein angelegt.
Die W-, N- und E-Wände dieser Quellkammer wurden aus dem anstehenden Burgsandstein herausgebrochen und anschließend mit großen Sandsteinquadern weitgehend vermauert; nur im unteren Teil des NNE-Endes der Kammer ist der anstehende Burgsandstein aufgeschlossen. Aus diesen entspringen auf einen Niveau von rund 344 m NN zwei perennierende, aber nur schwach schüttende Quellen und speisen ein künstlich angelegtes, 0,5 m2 großes, rundovales Becken im Liegenden, das aus den anstehenden Sandsteinen heraus gemeißelt wurde. Dieses insgesamt 0,86 m tiefe Wasserbassin wird im S durch einen 0,3 m dicken und 0,4 m hohen Sandsteinblock abgeschlossen, an dessen Oberfläche eine 7 cm breite Überlaufrinne eingemeißelt wurde. Das Becken kann im völlig gefüllten Zustand ein Wasservolumen von rund 400 L speichern.
Die bauliche Ausgestaltung des Wasserbeckens zeigt eine überraschende Ähnlichkeit mit dem Quellwasserbassin in der mittelalterlichen Felsenkapelle St. Wolfgang des 13 km SE' Nürnberg gelegenen Schlosses Kugelhammer (BAIER 2006). Ähnlich der St.-Wolfgangsquelle ist auch die Entstehungsgeschichte der Margarethen-Quellkammer auf der Nürnberger Kaiserburg bis heute unbekannt.
Der 2,2 m2 große Brunnenraum der Margarethenquelle wurde mit einer Decke aus gemauerten Steinsteinblöcken versehen, so dass sich das Gewölbe wie eine kleine Höhle präsentiert. Die Länge der Felsenkammer wurde mit 2,25 m bestimmt. Ihre Breite schwankt von 0,95 m bis 0,98 m und ihre Höhe von 1,9 m bis 2,1 m. Insgesamt ergibt sich ein Rauminhalt von 4,4 m3. In der N' Abschlusswand der Quellkammer befindet sich in deren NNW' Ecke eine 0,2 m hohe, 0,1 m breite und 0,3 m tiefe Nische. Hier rinnt die schwach schüttende Hauptquelle der Margarethenquelle aus den anstehenden Sandsteinen aus. Dieser Quellaustritt ist an eine Kluftkreuzung gebunden. Die Hauptkluft streicht mit 9° (rheinisch) und fällt mit 88° nach ESE ein. Nahezu senkrecht hierzu verläuft die mit 115° streichende und mit 79° nach SSW einfallende Querkluft. Wenige Zentimeter über dem Hauptquellaustritt befindet sich eine weitere, kleine und häufig versiegende Quelle. Die Gesamtschüttung des Margarethenbrunnen konnte Ende November 2012 mit nur 1,6 L/h bestimmt werden.
Im tektonischen Einbruchsbecken von Nürnberg herrscht Ausweitungstektonik vor (BAIER 2009, 2011b). Am Nürnberger Burgberg erbrachte die Auswertung aller beobachteten Gefügewerte für die Schichtlagerung des dickbankigen Burgsandsteins Streichwerte von 75° bis 90° mit flachen Einfallswerten nach NNW bis N. Für das Trennflächengefüge ergab sich ein orthogonales Kluftsystem von WNW-ESE verlaufenden und nach SSW einfallenden Hauptklüften sowie einer rheinisch streichenden und steil nach SSE einfallenden Kluftschar (BAIER 1998). Der Austritt des Margarethen-Quellwassers an einer Kluftkreuzung erscheint somit als wahrscheinlich.
Die geringe Wasserschüttung der Margarethenquelle wäre selbst im Verbund mit der unter dem Palas der Kaiserburg aufgedeckten Zisterne für die Verteidigungsfall der Nürnberger Burganlagen unmöglich ausreichend gewesen. So musste schon bei den frühen Burgen die Erschließung weiterer Grundwasserressourcen erfolgen.
Der Ziehbrunnen der Burggrafenburg befindet sich wenige Meter S des Fünfeckigen Turms und ist heute abgedeckt. Sein Brunnenschacht war wohl bereits während der Bauphase der ersten Befestigungsanlage in diesem Bereich rund 20 m tief bis zum Basisletten des Unteren Burgsandsteins (sensu FICKENSCHER 1930) abgeteuft worden. Wie auf mittelalterlichen Burgen üblich, wies der "für sich im Hofe liegende Brunnen ... ein einfaches auf Pfosten ruhendes Dach... auf.." (PIPER 1912).
Nach der 1420 erfolgten Zerstörung der Burggrafenburg wurden die Ruinen der Burganlage 1427 an die Freie Reichsstadt Nürnberg verkauft, wobei die fränkischen Hohenzollern, welche bis 1918 auch den Namenszusatz "Burggraf zu Nürnberg" im Titel führten, ihren Sitz auf die Cadolzburg verlagerten. Im Jahre 1473 wurde in bemerkenswerter Präzisionsarbeit von einem S gelegenen, unterirdischen Wassergewinnungsstollen (der Schildbrunnleitung) zu diesem Brunnenschacht ein Stichstollen vorgetrieben (BAIER 1998). Durch diesen zusätzlichen Wassergang wurde das überschüssige Brunnenwasser der zerstörten Burggrafenburg unterirdisch nach S in die Reichsstadt geleitet und speiste hier vom Mittelalter bis in die Neuzeit mehrere Brunnenanlagen (HERPPICH 1987).
Der Tiefe Brunnen der Kaiserburg wurde erstmals im 14. Jh. erwähnt, ist jedoch wahrscheinlich ebenso alt wie die Burg selbst. Sein Schacht wurde abgesehen von dem vier Meter hohen gemauerten Teil am oberen Ende der Brunnenröhre vollständig aus dem Fels herausgearbeitet.
Mit einem Durchmesser von 2,2 m bis 1,7 m wurde der Brunnen ursprünglich 49,9 m (FICKENSCHER 1930) tief über den Burg- und Stubensandstein bis zum Blasensandstein und somit in den auf den Vorfluter Pegnitz eingestellten Hauptaquifer abgeteuft.
Aus dem Tiefen Brunnen konnten mit Eimern rund 200 L/h Wasser entnommen werden. Bei Kaiserbesuchen, Reichs- und Hoftagen musste aufgrund des hohen Bedarfs zusätzlich Wasser aus der Stadt auf die Burg gebracht werden. Im Jahr 1563 wurde über dem Brunnenschacht das heute noch bestehende quadratische Brunnenhaus mit einer mächtigen Wasserförderanlage errichtet.
Das massive Brunnenhaus wurde als Schutzbau gegen unbeabsichtigte wie vorsätzliche Brunnenvergiftung ausgelegt. Der östlich hiervon anschließende, schmalere und niedrigere Anbau von 1564 diente als Badestube mit Ankleideraum. Das Fachwerk-Obergeschoss des Brunnenhauses, das bei den Kampfhandlungen 1945 zerstört wurde, wurde im Jahr 1951 erneuert; von der großen Wasserförderanlage sind nur die großen Sandsteinlager erhalten geblieben.
Die Ausgestaltung des Brunnenkranzes als oberirdisch sichtbaren Teiles des Brunnenschachtes folgte bereits im Mittelalter alten Gesetzmäßigkeiten: Neben dem rein praktischen Gesichtspunkt des Schutzes vor einer potentiellen Verschmutzung des Brunnenwassers stand der Aspekt der Unfallverhütung im Vordergrund. So ist in dem in der Mitte des 13. Jhd. von dem Ritter und Schöffen Eike von Repkow aufgezeichneten Sachsenspiegel im zweiten Buch des Landrechts festgehalten: Ein Mann soll für den Schaden, der anderen Leuten aufgrund seiner Unachtsamkeit widerfährt, aufkommen: sei es, daßer ihn verursacht durch einen Brand oder einen Brunnen, den er nicht kniehoch über der Erde eingehegt hat.. (SCHOTT 1991). So erreichen die meisten der heute noch im Original erhalten gebliebenen Brunnenkränze eine Höhe von 1 m über der Geländeoberkante.
Der Fußboden des Brunnenhauses befindet sich auf einem Höhenniveau ("Geländeoberkante" = GOK) von 347,67 m NN. Hieraus erhebt sich der 0,98 m hohe, aus Worzeldorfer Quarzit (KOCH et al. 2003) errichtete, sechseckige Brunnenkranz des Tiefen Brunnen ("Pegeloberkante" = POK auf 348,65 m NN). Sein Innendurchmesser beträgt 1,73 m und die Mauerstärke alterniert von 0,31 m bis 0,46 m. Die sehr dekorative und qualitativ anspruchsvolle Ausformung legt die Vermutung nahe, dass diese Brunnenmauer ursprünglich keine schützende Überdachung hatte. Als opportunen Nebeneffekt konnte der Bauherr durch Art und Umfang der künstlerischen Ausgestaltung seine eigene Bedeutung und seinen Reichtum eindrucksvoll demonstrieren.
Nahezu am Schachtgrund, in einer Tiefe von 43,29 m u. POK befindet sich an der SE, also dem Nürnberger Rathaus zugewandten Brunnenwand eine auffällige, in den anstehenden Sandstein geschlagene Felsennische. Derartige Nischen wurden in Brunnenschächten als Haupt- oder Schutzbusen an den Stellen angelegt, wo über längere Zeiträume auf einer Ebene gearbeitet werden musste. Die 0,6 m bis 0,7 m tiefe Felsennische des Tiefen Brunnen weist eine Gesamthöhe von 1,8 m auf, ist im unteren Bereich 1,1 m breit und verjüngt sich nach oben hin auf 0,9 m Breite. Im Mittelalter befand sich die Nische direkt über dem damals wohl tiefer liegenden Grundwasserspiegel; heute liegt ihre Oberkante rund 0,4 m unter dem Ruhewasserspiegel.
Die Entstehungsgeschichte dieser Felsnische lässt sich durch die Arbeitsweise, mit welcher der Brunnenröhre in die Sandsteinschichten abgeteuft wurde, erklären. Während der Ausschachtungsarbeiten wurden bereits in den oberen Bereichen zwei Lettenschichten durchteuft. Diese waren jedoch von nur von geringer Mächtigkeit und konnten leicht durchgraben werden, ehe sich eine entsprechende Wassermenge ansammelte, die das Weitergraben behindert hätte. In einer Tiefe von rund 43 m stieß man auf eine tonige Sandsteinschicht; aufgrund des sich rasch ansammelnden Grundwassers konnte nur dann weiter gegraben werden, wenn es regelmäßig herausgeschafft wurde. Dazu war offenbar die Nische gedacht, die den mittelalterlichen Bauleuten einen sicheren und trockenen Stand bot.
Nach Vollendung der Bauarbeiten diente sie mit Sicherheit als Reinigungs- und Schutzbusen. Durch das stetig aus dem Fels austretende Wasser wurden kontinuierlich feine Sand- und Lehmpartikel in das Brunnenwasser eingebracht, weshalb von Zeit zu Zeit eine aufwändige Reinigung notwendig wurde. Überliefert sind derartige Tätigkeiten durch den Stadtbaumeister Endres Tucher; er beschreibt die Reinigungsarbeiten im Tiefen Brunnen am 25. Mai 1467 und die Wartung des Brunnens der alten Burggrafenburg ("alt Nuremberg") in seinem Baumeisterbuch (1464,1475):
Hanns Graser seliger auf die zeit der stat paumeister hat alwegen geben von dem prunnen auf der vesten zu fegen mit leuten und pferden, wenn sein not is gewesen, zehen pfunt alt. Ich hab sein aber die zeit, die ich pißher paumeister gewesen pin, zwai male tö fegen lassen, als hernach geschriben stet.
Zu sant Urbans tag in dem sibenundsechzigsten jare ließ ich den Hübner, marrer (= Maurer), den prunnen auf der vesten fegen. Der feget doran acht stunt mit dreien pferden und drien gesellen zu im und der ritt get in das schloß piß fur den kellerhals. Darzu lehe (= leihe) ich im ein reitleinne von sechsunddreissig klofter lanck und ein leittern von sechtzehen sprusseln (= Leitersprossen), und der prunn hett funftzehen schuhe wasser, und schöpft in trucken; davon gab ich im und sein gesellen sechtzehen pfunt alt.
Item in dem neunundsechtzigisten jare am freitag nach Dionisyäs feget man aber den prunnen, davon gab ich aber sechtzehen pfunt alt dem Hübner, wann ein katz hinein gefallen was.
Auch hat der stat paumeister allewegen den prunnen unter altem Nuremberg, dem thuren, beseilt und fegen lassen, nachdem aber die nachpauren (= Nachbarn, eigentlich "nahebei Wohnende") doselbst ein prunnen zunechst underhalb des Luginslants unter einem haus nit prauchen, hat man dieselben nachtpaurn geschriben und geordent, zu dem prunnen unter alt Nuremberg zu geben, und darzu prunnmeister gesetzt, die also kunftiglich denselben prunnen unter alt Nuremberg in wesen halten sullen, des sich dann dieselben nachtpaurn also unterwunden und angenomen haben. Der noch jetzt, seiner tiefe wegen, von den fremden besehen wird.
Interessant erscheint in diesen Zusammenhang, dass in diesem Baumeisterbuch nicht der heutige Tiefe Brunnen, sondern der Brunnen der 1467 bereits zerstörten Burggrafenburg aufgrund seiner Tiefe besonders hervorgehoben wird.
Seit vielen Jahrzehnten hält sich in Nürnberg hartnäckig die Sage, dass ein vom Rathaus ausgehender unterirdischer Gang von der Seite her in den Tiefen Brunnen der Kaiserburg einmünden soll (HERPPICH 1987). Die Legende besagt: Gefangene sollen ihn in mehreren Jahrzehnten gebaut haben. Unten steht immer frisches Wasser mehrere Meter hoch und über der Wasserfläche sieht man von oben her rechts und links zwei dunkle Öffnungen in dem Felsen, durch die der Brunnen gemeisselt ist. Die zwei dunklen Öffnungen führten zu unterirdischen Gängen, die hinuntergingen zum Rathaus und hinunter in den Burggraben und unter dem Burggraben hindurch hinaus in den Wald....
Auch SCHUCHHARTH (1931) berichtet, dass die alte Sage von einem unterirdischen Gang, die auf so unendlich vielen Burgen spukt, hier einmal recht hat. Es führt in der Tat ein in den Felsen gehauener Gang vom Westende der Kaiserburg hinunter zum Nürnberger Rathaus. Er ist heute noch offen; weitere, die nach anderen Richtungen abzweigen, sind zugemauert oder zugefallen.
Diese noch heute allgemein bekannte Sage beruht zum einen auf der bei niedrigem Grundwasserstand vom oberen Brunnenrand aus erkennbaren Schutznische in den unteren Partien der SE Schachtwand; diese Nische erscheint wie das Mundloches eines hier einmündenden unterirdischen Ganges. Andererseits weist die Überlieferung tatsächlich einen wahren Kern auf: In den Brunnenschacht der alten Burggrafenburg mündet ein Mitte des 15. Jhd. unterirdisch angelegter Wasserstollen ein. Mit der Mitte des 19. Jhd. getätigten Abdeckung und Unkenntlichmachung dieses zweiten Tiefen Brunnens der Nürnberger Burg wurde die Kunde von der Existenz eines unterirdischen Ganges wie eine Wandersage auf die Schutznische des heute singulär erscheinenden Tiefen Brunnen übertragen.
* Dr. A. Baier, last update: Freitag, 24. Februar 2023 12:41
Weiter zur Page "Archäologische und geologisch/hydrologische Aufnahme des Tiefen Brunnen"