Das Karstgebiet südöstlich Neuhaus/Pegnitz:
Die Mysteriengrotte
Die Mysteriengrotte mit dem SE´ vorgelagerten Ponorgraben befindet sich am N-Hang eines ausgedehnten Trockentalsystems 1200 m SSE´ der Ortschaft Krottensee in einem Buchen- und Eichenmischwald S´ der Straße Krottensee - Königstein.
Der merkwürdige Name dieser pittoresken Grotte geht auf die Sage vom gelegentlichen Erscheinen der "Weißen Frau" zurück. Unter dieser Sagengestalt verbirgt sich die historisch überlieferte Person der attraktiven Orlamünder Gräfin Kunigunde von Leuchtenburg, welche im 13. Jahrhundert am Fuße der Plassenburg lebte. Sie ermordete ihre beiden Kinder in der Annahme, die Säuglinge stünden ihrer Wiederverheiratung mit dem Nürnberger Burggrafen Albrecht dem Schönen im Wege. Trotz umfangreicher Buße in späteren, trotzdem unverheirateten Tagen und der Gründung eines Klosters, welchem sie als Äbtissin vorstand, soll seit ihrem Tod ihr unruhiger Geist u.a. auch in der Mysteriengrotte umgehen. Eine scheinbare Verifizierung dieser Sage fand bei der einheimischen Bevölkerung infolge der noch Mitte des letzten Jahrhunderts an den Höhlenwänden sichtbaren Blutspritzer statt, welche jedoch eher auf Schwarzschlachtungen in der Endphase des letzten Weltkrieges zurückzuführen sein mögen.
In Gebiet der Mysteriengrotte steht die Dogger-Malm-Grenze als Karstwasseraquiclude auf einem Höhenniveau von 260 m NN an, somit also mehr als 160 m unter der Geländeoberfläche. Die Pegnitz als wirksamer Vorfluter befindet sich -- rund 2200 m in W´ Richtung entfernt -- auf einer Höhe von 380 m NN. Bei einer Karstwassermächtigkeit von mindestens 120 m unter Vorfluterniveau handelt es sich hierbei also um Tiefen Karst. Die Verkarstung in diesem Gebiet erfolgte bereits in der Unterkreide und dann wieder ab dem Jungpliozän bis in die Gegenwart. Das Trockenfallen einer Höhle wie der Mysteriengrotte weist auf ein vorzeitliches, auf ein höheres Vorflutniveau eingestelltes Stadium der Karstwasserentwicklung hin.
Der rund 2 m breite Höhleneingang zu der 15 m langen, bis 9 m breiten und bis 3 m hohen Felshalle der Mysteriengrotte öffnet sich in der Flurabteilung "Eichelgarten" -- auf einem Höhenniveau von 426 m NN -- am Fuße einer rund 10 m hohen Felswand aus dickbankigen Malm-delta-Riffdolomiten.
Der Rauminhalt der Mysteriengrotte wurde mittels genauer Vermessung mit 115 m3 bestimmt (das bei HUBER (1967) angegebene Höhlenvolumen von 615 m3 beruht vermutlich auf einen Übertragungsfehler). Während die nahezu rechteckige Form des nach NW einfallenden Höhleneingangs durch zwei flachherzynisch streichende Störungsflächen bedingt ist, wurde die Höhle selbst an einer herzynisch streichenden Kluft angelegt. Die Höhlendecke folgt einer flach nach SW einfallenden Schichtfläche des Riffkomplexes. Der gesamte Längsverlauf der Höhlenhalle streicht herzynisch. Senkrecht hierzu können Klüfte mit erzgebirgischen Streichen beobachtet werden, welche die Querausdehnung der Höhle bedingt haben. Im Gebiet der Mysteriengrotte herrscht Ausweitungstektonik vor.
Das Trennflächengefüge im Gebiet der Mysteriengrotte weist eine starke Streuung der Streichrichtungen auf, was auf die intensive tektonische Beanspruchung des hier anstehenden Karstgebirges zurückzuführen ist . Ausgeprägte Maxima sind bei Streichwerten von 170° und 85° zu erkennen, was den Längs- und Querklüften der Flexur von Krottensee entspricht. Überlagert wird dieses Hauptkluftsystem von zwei weiteren Maxima bei 30° und 120°, welche dem orthogonalem Kluftsystem der Frankenalbfurche zuzuordnen sind.
Die Anlage dieses alten, wohl bereits in der Unterkreide angelegten Höhlensystems an den Längs- und Querklüften am E-Rand der Frankenalbfurche ist somit offensichtlich. Hauptsächlich kommt jedoch der Einfluss der -- W´ der Mysteriengrotte auftretenden -- N-S verlaufenden Flexurzone von Krottensee-Welluck-Leonie zur Geltung.
Die Mysteriengrotte stellt zusammen mit den in ihrer näheren Umgebung anstehenden, teils steilwandigen Dolinen und zwei kleineren Halbhöhlen in den E´ anschließenden Felswänden das speläologische Rudiment eines ehemals wohl sehr großen und ausgedehnten Höhlensystems dar. Auch in den NE´ der Grotte anstehenden Dolomitfelsen zeigen die hier zahlreich zu beobachtenden Trennflächen die starke Dominanz der herzynisch bzw. erzgebirgisch streichenden Längs- und Querklüfte der Frankenalbfurche sowie das Auftreten der N-S verlaufenden Längs- und der E-W streichenden Querklüfte der Flexur von Krottensee.
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* Dr. Alfons Baier, last Update: Freitag, 24. Februar 2023 12:49