Zur Geologie des Fichtelgebirges
von Alfons Baier
Im Südwesten ist dem "Alten Gebirge Nordostbayerns" das mesozoische Vorland vorgelagert; mit diesem Begriff bezeichnet die Geologie das jüngere, nichtgefaltete Schichtpaket vor dem Alten Gebirge. Der Untergrund im Großraum Erlangen - Nürnberg wird im wesentlichen aus Sandsteinen und Tonen der Trias (-225 bis -190 Mio. Jahre) aufgebaut. Nordwestlich unseres Gebietes streichen bei Würzburg die älteren Muschelkalk-Schichten an der Erdoberfläche aus. Nördlich und östlich von Erlangen treten die über dem Keuper liegenden, jüngeren Schichten des Jura (-190 bis -135 Mio. Jahre) auf. Sie bestehen größtenteils aus Tonen, Sandsteinen und mächtigen Kalkablagerungen, wobei besonders die Kalke und Dolomite des oberen Jura die romantisch-bizarren Felsformationen der Fränkischen Schweiz gebildet haben.
Die geologischen Schichten unseres Gebiets gehören zum nicht-gefalteten "Deckgebirge". Sie bilden eine Schichtstufen-Landschaft: Hierbei wurden durch die Kräfte der Erosion die härteren Bänke (wie Burgsandstein, Doggersandstein und Malmkalke) als Schichtstufen herauspräpariert, die weniger widerstandsfähigen Schichten (z.B. Feuerletten, Liastone und Ornatentone) als Verflachungen ausgebildet.
Ungefähr auf der Höhe von Bad Berneck überschreitet die Autobahn Nürnberg Berlin die Fränkische Linie: nördlich dieser scharf ausgeprägten Landschaftsgrenze befinden wir uns unvermittelt im Alten Gebirge. Paläozoikum und Mesozoikum, zwei völlig verschiedene Erdzeitalter mit ebenso unterschiedlichen Gesteinen, prallen hier förmlich aufeinander.
Frankenwald und Fichtelgebirge zählen zum ostbayerischen Grundgebirge, welches sich vom bayerischen Vogtland entlang der Grenze zur CSFR bis zum österreichischen Mühlviertel hinzieht. Im "Alten Gebirge Nordostbayerns" grenzen als großtektonische Einheiten von Nordwesten nach Südosten die paläozoischen Sedimente des Frankenwaldes (mit "thüringischer Fazies" und "bayerischer Fazies", einer an die Münchberger Gneismasse gebundenen Sonderentwicklung), der metamorphe Komplex der Münchberger Gneismasse mit der Prasinit-Phyllit-Serie, die Fichtelgebirgszone und der Nordteil des Oberpfälzer Waldes mit seinen metamorphen Gesteinen und spätvariszischen Graniten aneinander.
Im Südwesten grenzt das Alte Gebirge mit der großen, Nordwest-Südost verlaufenden Störung der Fränkischen Linie an das mesozoische Vorland. An dieser Störung wurde das Alte Gebirge -- hauptsächlich in Kreide und Tertiär -- gegenüber dem Vorland um mindestens 1000 m bei Wirsberg und mindestens 2300 m bei Weiden angehoben.
Der geologische Begriff "Fichtelgebirge" umfaßt neben den hier anstehenden variszischen Granitkörpern, prävariszischen Gneisen und paläozoischen Sedimenten die anschließenden Landschaften des Steinwaldes im Süden, der Mitterteicher Senke und des Waldsassener Schiefergebirges im Südosten sowie das Gebiet bis zur Erbendorfer Linie.
Die Granite nehmen im Fichtelgebirge eine Fläche von etwa 370 km2 ein; dies entspricht einen Anteil von rund 40% der Gesamtfläche dieses Gebiets. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die oberflächlich anstehenden Granite nur als Ausstülpungen von Körpern größeren Umfanges angesehen werden können, wie dies im benachbarten Erzgebirge durch viele Bohrungen nachgewiesen werden konnte (RICHTER & STETTNER 1979).
Die ältesten Gesteine des Fichtelgebirges, die der Arzberger Serie des Kambriums (-570 Mio. Jahre), wurden als tonig-sandige, teilweise durch Karbonatgesteine unterbrochene Meeresablagerungen sedimentiert. Bis zum Unterkarbon war dieses Gebiet Teil eines ausgedehnten Meeres, an dessen Grund mächtige Schichten von Sedimentgesteinen abgelagert wurden; nur im Wechsel zwischen teilweise mehr sandigen, teils mehr tonigen Gesteinslagen macht sich die schwankende Entfernung von der Küste und die unterschiedliche Absenkungsgeschwindigkeit des Meeresbeckens bemerkbar. An der Wende zum Devon (-410 Mio. Jahre) wurde der Meeresboden infolge der kaledonischen Gebirgsbildung (vermutlich) teilweise aus dem Meer gehoben, und es schloß sich eine kurze Festlandsperiode an; Intrusionen von sauren Magmen -- die prävarizischen Gneise des Fichtelgebirges -- werden mit dieser Gebirgsbildung in Verbindung gebracht (STETTNER 1964). Im Mitteldevon versank dieses Land jedoch wieder in den Fluten, um erst an der Wende Unter-/Oberkarbon (-325 Mio. Jahre) durch die sudetische Phase der variszischen Gebirgsbildung zu einem Hochgebirge emporgefaltet zu werden. Diese Gebirgsbildung war das markanteste geologische Ereignis Nordostbayerns; wenn auch in den folgenden Perioden der Erdgeschichte das Meer immer wieder kurz das "Alte Gebirge" überspült haben mag, so besaß doch das Gebiet bis heute festländischen Charakter.
Im Anschluß an die sudetische Gebirgsbildung drangen große Mengen glutflüssiger Granitmagmen in das junge variszische Gebirge ein und erstarrten nach der endgültigen Platznahme nur langsam, da sich die Wärmeabgabe unter der damals noch mehreren Kilometer mächtigen Sedimentdecke sehr zögernd vollzog. Während und nach der Erstarrung der Granitschmelzen verliefen in diesen noch unterschiedliche magmatische Reaktionen, welche die Bildung von verschiedenen Gesteins- und Mineralerscheinungen bewirkten:
Aplite sind quarzreiche Entmischungserscheinungen des Granitmagmas. Ihr fein- bis feinstkörniges Gefüge entstand durch rasche Abkühlung ihrer Schmelzen in kleinen Dehnungsspalten des Granitplutons.
Pegmatite bildeten sich dadurch aus, daß die Granitschmelzen zwar bis zu 10 % Wasser lösen konnten, bei der Erstarrung dieser Plutone jedoch zuerst wasserfreie Phasen wie Feldspat und Quarz auskristallisierten. So reicherte sich die verbleibende Restschmelze immer mehr mit Wasser und auch anderen leichtflüchtigen Elementen wie Fluor, Chlor, Bor, Lithium, Niob u.a. an. Bei der Kristallisation dieser Schmelzen (>500°C) entstanden wenige, aber sehr große Einkristalle; der Gehalt an seltenen Elementen führte dazu, daß sich die Pegmatite zu wertvollen Lagerstätten für seltene Minerale und Erze entwickeln konnten.
Anschließend an die Pegmatitentstehung verblieb nur noch eine 500° bis 400°C heiße, wasserreiche Lösung, welche mit Fluor, Chlor und Bor angereichert war. Diese zersetzte nun als aggressive Fluß- bzw. Salzsäure das sie umgebende Gestein unter Bildung einer Vielzahl neuer Minerale (pneumatolytisch-hydrothermale Phase). Der Gasdruck kann hierbei derart steigen, daß Spalten und Klüfte im umgebenden Gestein aufgerissen werden, dort Wasserdämpfe und verschiedene Gase aufsteigen und abermals eine Mineralisation schaffen. Das hierbei umgewandelte Gestein wird als Greisen bezeichnet; diese sind im allgemeinen die wichtigsten Primär-Lagerstätten des Zinns, aber auch von großer Bedeutung für Wolfram und Molybdän.
Die Granitschmelzen des Fichtelgebirges zeigen wegen ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge -- es werden zwei Intrusionsphasen unterschieden -- unterschiedliche Kristallisation.
Die ältere Granitgruppe besteht aus dem Porphyrgranit und dem Reutgranit mit porphyrischen Gefügen (große Feldspatkristalle in kleinkörniger, dichter Grundmasse) sowie aus dem Holzmühl- und Selber Granit, welcher makroskopisch im wesentlichen gleichkörnig ausgebildet ist. Die Platznahme des Porphyrgranits von Weißenstadt - Marktleuthen lag mit -310 Mio. Jahre nahe bei der sudetischen Gebirgsbildung. Diesem vorausgegangen war die Bildung granodioritischer Schmelzen, welche durch die (vermutete) Mitaufschmelzung von Sedimentgesteinen und Diabasen die Redwitzite bildeten.
Zwischen der Platznahme der älteren Granitgruppe und der jüngeren Abfolge war ein Zeitraum von etwa 20 Mio. Jahren verstrichen. Bei der Intrusion der jüngeren Granitgruppe (zwischen -291 und -285 Mio. Jahren) in den Fichtelgebirgsstock war somit dieser Raum bereits wieder abgekühlt. Krustenaufstieg und Abtragung des Sedimentdaches hatten die älteren Granite nahe an die Erdoberfläche gebracht.
Zunächst drangen nun die Schmelzen des Randgranits ein; seine kleinkörnige Grundmasse und das in Teilbereichen nahezu porphyrische Gefüge sprechen für eine sehr oberflächennahe und schnelle Abkühlung.
Unter dem schützenden Dach der Randgranite erfolgte dann die Intrusion der Schmelzen des Kerngranits, welche den Randgranit teilweise durchdrangen und aufschmolzen, aufgrund der angestiegenen Durchwärmung des Granitgebietes jedoch wesentlich langsamer und somit grobkörniger auskristallisieren konnten; darüber hinaus waren die Schmelzen des Kerngranits stellenweise reich an leichtflüchtigen Gemengteilen, so z.B. am Waldstein und am Epprechtstein mit dem seit langem bekannten Kristallreichtum der pneumatolytisch-hydrothermalen Mineralfolge.
Mit der Platznahme des Zinngranits endete schließlich die jüngere Granitabfolge. Im Zentralstock des großen Granitplutons waren nach der Kristallisierung des Kerngranits noch an fluiden Gemengteilen reiche Restschmelzen verblieben, die als "Zinngranit" dessen Dach durchdrangen (STETTNER 1964). Wirtschaftlich interessant war früher das für den Zinngranit spezifische Auftreten von Topas, der in bis zu 3 cm großen Einzelkristallen gefunden wurde. Weiterhin wurden hier neben Zinnstein Arsenkies, Kupferkies, Wolframit, Zinkblende, geringe Mengen an gediegenem Gold und -- sehr verbreitet -- als sekundäre Uranminerale Kalk- und Kupferuranglimmer beschrieben (RICHTER & STETTNER 1979).
Literatur:
BAIER, A. & HOCHSIEDER, Th. (1989).- Zur Stratigraphie und Tektonik des SE-Randes der Münchberger Gneismasse (Oberfranken).- Geol. Bl. NO-Bayern 39, 3-4: 179-220, 33 Abb., Erlangen 1989.
FISCHER, G. (1965): Über die modale Zusammensetzung der Eruptiva im ostbayerischen Kristallin.- Geologica Bavarica 55: 7-33, 1 Beil., München 1965.
HASSE, P. (1905) Kontakterscheinungen am Granite der Luisenburg bei Wunsiedel.- Inaug.-Diss., 43 S., 1 Kte., 3 Taf., Erlangen 1903.
MÜLLER, F. (1979): Bayerns steinreiche Ecke.- 272 S., 456 Abb., Hof/Saale (Oberfr. Verlagsanstalt) 1979.
RICHTER, P. & STETTNER, G. (1979): Geochemische und petrographische Untersuchungen der Fichtelgebirgsgranite.- Geologica Bavarica 78, 144 S., 70 Abb., 9 Beil., München 1979.
SCHWAN, W., POLL, K., & OPITZ, W. (1968): Exkursionsführer für das mittlere nordostbayerische Variszikum.- Geol. Bl. NO-Bayern 18, 2: 67-98, 15 Abb., Erlangen 1968.
SPERBER, H. (1979): Geologisch-botanische Streifzüge durch Nordostbayern.310 S., 103 Abb., 26 Kte., Hof/Saale (Oberfr. Verlagsanstalt) 1979.
STETTNER, G. (1958): Erläuterungen Geol. Karte von Bayern 1:25000 Bl. Nr. 5937 Fichtelberg.- 116 S., 29 Abb., 3 Beil., München 1958.
--- (1964): Erläuterungen Geol. Karte von Bayern 1:25000 Bl. Nr. 5837 Weißenstadt.- 194 S., 36 Abb., 1 Beil., München 1964.
* Dr. A. Baier; last update: Freitag, 24. Februar 2023 12:53
"Steinbrüche und Hart- und Werksteinindustrie im Fichtelgebirge"