Geologische Blätter für NordostbayernGeoZentrum NordbayernKarsthydrogeologische Untersuchungen am

Wasserberg bei Pegnitz (Oberfranken)

Kurzfassung von: BAIER, A., ROOSTAI, A. & SCHWOPE, J. (1994): Karsthydrogeologische Untersuchungen am "Wasserberg" bei Pegnitz (Oberfranken).- Geol. Bl. NO-Bayern 44, 1/2: 15-102, 26 Abb., 6 Tab., 2 Taf., Erlangen 1994.


Im Karst der Fränkischen Alb sind zahlreiche Höhlenbildungen aufgeschlossen. Jedoch kann nur an wenigen Stellen die Wirkungsweise des unterirdisch abfließenden Wassers und seine die Karstphänomene gestaltende Kraft direkt beobachtet werden. Den Abflußwegen des -- im Karstkörper versinkenden -- Oberflächenwasser entsprechend können in der Alb drei Gruppen wasserführender Höhlen unterschieden werden: Es sind dies die Ponorhöhlen auf der Albhochfläche, die aktiven Talzuflußhöhlen ("Quellhöhlen") sowie die unterirdischen Wasserläufe. Als Beispiel für die relativ häufig zu beobachtenden Ponorhöhlen mag die Lichtengrabenhöhle bei Rinnenbrunn, stellvertretend für meist die im Vorfluterniveau auftretenden Talzuflußhöhlen der Schwarmbrunnen bei Engenthal genannt sein. Direkt zu beobachtende unterirdische Wasserläufe treten im Karst der Fränkischen Alb hingegen sehr selten auf.

Wiederaustritt der "Unterirdischen Pegnitz"

Am Südende der Stadt Pegnitz/Ofr. fließt der Fluß Pegnitz in einer Talschleife um den Wasserberg. Seit alters her ist bekannt, daß der Fluß am Nordhang des Berges einen Teil seines Wassers in Klüften des Werkkalkes und in die Ponorhöhle "D 84" an der Röschmühle verliert. Die Ponorhöhle bildet ein verzweigtes Gangsystem im geschichteten, stark zerklüfteten und brüchigen Werkkalk. Weitere Ponore befinden sich im Bett der Pegnitz unter der Eisenbahnbrücke östlich der Röschmühle. In alten Chroniken wird von insgesamt fünf Ponorhöhlen berichtet; in diese Schlucklöcher sollen von den Einheimischen Enten hineingetrieben worden sein, welche nach einiger Zeit aus einer Quellhöhle am Südhang des Berges wieder zum Vorschein kamen.

Hydrographie des Wasserberges

Diese sog. "Unterirdische Pegnitz" durchfließt den Wasserberg durch unbekannte Hohlräume und tritt nach einer Luftlinienentfernung von 320 m in der Quellgrotte "D 85a" am Südosthang des Berges wieder aus. Außer dieser Hauptaustrittsstelle sind noch weitere kleine Pseudoquellen bekannt.

geol. Blockbild d. Wasserberges

rezent aktive Wasserberg-Quellgrotte "D 85a"

Blick in die Quellgrotte "D 85"

fossileWasserberg-Quellgrotte "D 85b"

Höhlenplan d. Wasserberg-PonorhöhleHöhlenplan d. Wasserberg-QuellgrottenIm Untersuchungsgebiet ist herzynisches Schichtstreichen mit flachem Einfallen nach Südwesten zu beobachten. Häufig treten Brüche und Flexuren auf. Diese tektonische Dislokation ist hauptsächlich auf zwei Hauptverwerfungen der Frankenalbfurche ("Pegnitzer Nord- und Süd-Sprung") zurückzuführen. Bei beiden Verwerfungen handelt es sich um herzynisch streichende Abschiebungen. Während der Pegnitzer Nordsprung von der Pegnitzquelle über den Bahneinschnitt Pegnitz bis etwa 500 m nördlich von Hainbronn reicht und den Wasserberg nicht erfaßt, verläuft der Südsprung durch diesen hindurch.

Für die Genese der unterirdischen Wasserwege durch den Wasserberg sind die hierdurch bedingten Trennflächensysteme von großer Bedeutung: Primäre Ursache der Hohlraumbildungen und Erdfälle im Karst ist die lösende Wirkung des mit Kohlendioxid angereicherten Wassers. Die wichtigsten, den Verkarstungsprozeß bestimmenden Faktoren sind neben dem Faktor Zeit die Verkarstungsfähigkeit des Gesteins, die hydrogeologischen Verhältnisse, die klimatischen Verhältnisse, die Reliefenergie, die Vegetation und die anthropogenen Eingriffe. Die Korrosion des CO2-reichen Wassers beginnt immer an den wasserwegsamen Trennflächen des Gesteins, besonders aber in Störungs- und Zerrüttungszonen. Sie führt zunächst zur Aufweitung von Kluft- und Störungsflächen, zu Schlotten und kleinen Hohlräumen, die das Gestein zwar unregelmäßig, aber in Anpassung an das Trennflächengefüge durchziehen.

geol. Karte d. Gebiets um Pegnitz/Ofr.

Entscheidende Bedeutung für die Ausformung der Karsterscheinungen hat das "Prinzip der Selbstverstärkung": Eingetiefte Wasserwege im Gebirge und insbesondere im Karst ziehen das Wasser regelrecht an, wodurch die Hohlformen ständig erweitert werden. Die weitere Entwicklung der Karstformen bis zum Erdfallstadium hängt dann nur noch von der gesteinsspezifischen Verkarstungsanfälligkeit der entsprechenden Gesteinsschichten ab: Bei der Schichtfazies von Karbonaten ist häufig eine systematische Abhängigkeit der Karsthohlräume von den Trennflächen und Störungszonen zu beobachten, die in der Riff-Fazies häufig fehlt. Eine starke Korrosionsanfälligkeit ist meist auch bei den Dolomiten des Frankenjuras gegeben.

Wiederaustritt der sog. "Unterirdischen Pegnitz"

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde versucht, einen Beitrag zur Lösung von karsthydrogeologischen Problemen am Wasserberg bei Pegnitz/Ofr. zu leisten. Hierzu wurden an dieser Lokalität v.a. Tracerversuche und hydrochemische Untersuchungen durchgeführt. Aufbauend auf den umfangreichen Tracerversuchen am Wasserberg durch Ingenieur AIGNER (1906), bei welchen qualitative Rückschlüsse auf den Durchgang vom Pegnitzponor zur Quellgrotte gewonnen werden konnten, standen nun quantitative Fragen im Vordergrund. Zunächst sollte ermittelt werden, wohin das an einem einzigen Punkt markierte Wasser fließt; d.h. welche der aufgenommenen Pseudoquellen auf den Tracer ansprechen. Desweiteren sollten, neben der Ermittlung der Abstandsgeschwindigkeiten des Wasserkörpers, dessen Fließrichtungen und somit Rückschlüsse auf die unterirdischen Wasserwege gewonnen werden. Weiterhin wurden anhand von Wasserproben der Einfluß des Gesteinskörpers auf die anorganischen Inhaltsstoffe des Wassers untersucht.

Lichtschacht zur Ponorhöhle

Der in die Ponorhöhle am Nordhang des Wasserberges eingebrachte Salztracer konnte an vier Pseudoquellen qualitativ und quantitativ nachgewiesen werden. Während der Fluß Pegnitz oberirdisch etwa 15 Minuten benötigt, um den Wasserberg zu umfließen, betrugen die Fließgeschwindigkeiten der "unterirdischen Pegnitz" -- bei gleichem Gefälle -- etwa 180 Minuten. Dies deutet auf ein weitverzweigtes Hohlraumsystem im Berg sowie auf eine Teilverfüllung der unterirdischen Bachbette mit Kalkschutt hin.

Die Ergebnisse der Wasseranalysen ergaben eine starke Lösung von Karbonaten durch die unterirdischen Gerinne. Bei den vier Pseudoquellen wurde eine Zunahme des Calciumgehaltes gegenüber dem an Nordhang einströmenden Pegnitzwasser von 5,3 mg/l auf rund 59 mg/l bestimmt. Dies impliziert ein sehr starkes Ausmaß von Karbonatlösung, welche durch die aggressiven Pegnitzwässer in diesem tektonisch stark beanspruchten Berg stattfindet.

Nordbayer. Nachrichten 18.08.95

Ingenieurgeologische Relevanz gewinnen die Untersuchungsergebnisse durch die Tatsache, daß durch den Wasserberg die Bahnlinie Nürnberg-Pegnitz-Bayreuth verläuft. Die "unterirdische Pegnitz" unterquert diese Bahnlinie an bislang unbekannter Stelle. In Karstgebieten ist die allgemeine Flächennutzung, insbesondere die Errichtung von Bauwerken und Verkehrwegen, stets mit einem besonderen Gefahren- und Schadensrisiko verbunden. Durch den Bahnverkehr der Hauptlinie Nürnberg-Bayreuth entstehen am Wasserberg Erderschütterungen (niederfrequente, mechanische Schwingungen fester Körper). Bodenerschütterungen entstehen infolge des plötzlichen Aufbringens von mechanischen Impulsen auf oder in den Untergrund. Diese mechanischen Schwingungen führen zu dynamischen Belastungen des Gebirgskörpers. Hierdurch können direkte Schäden durch Erschütterungseinwirkung oder indirekt durch Setzungen auftreten.

Nordbayer. Nachrichten 12.12.01 Nordbayer. Nachrichten 20.04.02

Um weitergehende Erkenntnisse der karsthydrogeologischen Verhältnisse im Untergrund des Wasserberges zu erhalten, werden Folgeuntersuchungen durchgeführt.

 

LITERATURVERZEICHNIS:

BAIER, A., ROOSTAI, A. & SCHWOPE, J. (1994): Karsthydrogeologische Untersuchungen am "Wasserberg" bei Pegnitz (Oberfranken) - Geol. Bl. NO-Bayern 44, 1/2: 15-102, 26 Abb., 6 Tab., 2 Taf., Erlangen 1994.

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abaier@geol.uni-erlangen.de


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